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12/2022

 

 

Der Agrarflug war ein wichtiger Bestandteil der Landwirtschaft in der DDR. Er hatte einen positiven Einfluss auf die Produktivität und die Qualität der landwirtschaftlichen Produkte. Jährlich wurden rund 1,7 Millionen Hektar landwirtschaftliche Fläche mit Agrarflugzeugen bearbeitet. Der Agrarflug beschäftigte in der DDR rund 2.000 Menschen.

 

Auf dem Foto die Flugzeughalle in Lichterfelde an der Straße nach Britz. Davor ein Flugzeug mit dem kurz vor der Wende eine Agrarflugfilmstaffel aus der Reihe Flugstaffel Meinecke (1989 - 1989 Brodewin und Lüdersdorf) gedreht wurde. Abends flog man es nach Lichterfelde, um es dort abzustellen.

 

Der Agrarflug bei uns gehörte zum ACZ, das in Althüttendorf angesiedelt war.

 

Das ACZ Althüttendorf
Als Agrochemisches Zentrum - eine zwischenbetriebliche Einrichtung von Landwirtschaftsbetrieben - hatte der bis 1990 über 80 Mitarbeiter beschäftigende Betrieb die Aufgabe, gemeinsam mit dem KfL Lüdersdorf (Kreisbetrieb für Landtechnik ) und der MG Niederfinow (Meliorationsgenossenschaft) die sozialistische Intensivierung der Landwirtschaft voranzutreiben. Ab 1974 begann man, zwischen dem „Schwarzem Weg” und Schotterwerk Produktionshallen, eine Düngerlagerhalle, eine Halle für Pflanzenschutzmittel, Tankstelle sowie ein Verwaltungsgebäude zu errichten. Mit der Ausgliederung aus der BHG Joachimsthal wurde das ACZ zum 1. Januar 1975 juristisch selbständig. Neben agrochemischen Arbeiten mit Bodengeräten und Flugzeugen, wurden für die Landwirtschaftsbetriebe des Einzugsbereiches (Kreis Eberswalde) auch landwirtschaftliche und Baustofftransporte durchgeführt, Gülletransporte und die Produktion von Feldkompost auf dem Kompostierplatz Lichterfelde folgten.
In zermürbender Wochenendarbeit wurde in den Jahren 1977/78 durch Angehörige des ACZ und des Bahnbetriebswerkes Angermünde ein eigenes Anschlussgleis errichtet. Jetzt konnten Düngertransporte direkt im ACZ umgeschlagen werden. Bis dahin erfolgte die Entladung am Bahnhof Joachimsthal, der Transport von Stickstoffdüngern per Achse vom PCK Schwedt. Der von Anfang an tätige Betriebsleiter, Dipl. agr. Ing. Udo Röthke, hat es verstanden, den Betrieb durch teilweise Umprofilierung über den Wendezeitraum hinaus rentabel zu gestalten. 2001 hatte der Betrieb noch 60 Beschäftigte.

 

 

Im Agrochemischen Zentrum (ACZ) wurden in der DDR Chemikalien wie Dünger und Pflanzenschutzmittel für die Land- und Forstwirtschaft gelagert und ausgebracht.

 

Die ACZ übernahmen die Spezialaufgaben der „Chemisierung der Landwirtschaft“ – also Umschlag, Lagerung und die Ausbringung von Agrochemie (chemischen Düngemitteln, Pflanzenschutzmitteln und Mitteln zur biologischen Prozesssteuerung (MBP)) – für und im Auftrag der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG). Die ACZ stellten dafür Streu- und Sprühgeräte zum Ausbringen der Chemikalien zur Verfügung. Von der DDR-Fluggesellschaft Interflug wurden auch Agrarflugzeuge bereitgestellt.

 

Die ACZ waren sogenannte Zwischenbetriebliche Einrichtungen (ZBE) und für das Gebiet mehrerer LPG zuständig. Daneben erfüllten sie vielfältige Aufgaben, auch außerhalb der Landwirtschaft, wie Transport, Reparatur und Instandhaltung, Lagerwirtschaft und Umschlag sowie Aufgaben des Winterdienstes.

 

Es war eine Form der Spezialisierung in der großflächigen Agrarproduktion. Bei Wikipedia zu finden.

 

 

Einer der Piloten war der Herr Kohlmey, der 1981 seinen Dienst aufnahm und bis April 1991, als das Flugzeug weggebracht werden musste, seine Flüge von Lichterfelde aus absolvierte . Dann wurden viele entlassen. Nach der Wende wurde der Agrarflug in der ehemaligen DDR privatisiert. Die oben im Foto abgebildete Halle (erst ca. 86 gebaut) gab es 81 noch nicht, aber einen Grundflugplatz als bewachter Stützpunkt auf dem das Flugzeug abends abgestellt wurde auf den Feldern nordöstlich vom Ort. Von dort aus wurden Einsätze im ganzen Kreis geflogen. Arbeitsflugplätze für die Einsätze gab es noch in Lüdersdorf, Althüttendorf, Groß Ziethen, Friedrichswalde, Trampe und Grünthal. Nach der Wende durften mit den Flugzeugen in Lichterfelde Rundflüge gemacht werden.

 

 

 

 

 

Rundflug über Lichterfelde am 22.7.1990

 

 

 

 

 

 

Den Flugpiloten Kohlmey habe ich erst 2022 kennengelernt. Nachdem ich erfuhr, wo er jetzt arbeitet, konnte ich ihn ausfindig machen. Wir vereinbarten ein Treffen, bei dem er mir seine Geschichte erzählte. Dabei erfuhr ich, dass ich einen dieser Piloten vom ACZ Althüttendorf schon seit ca. 40 Jahren persönlich kenne. Er war bis vor einigen Jahren Mitglied in meinem Campingverein am Parsteinsee.

 

 

Rundflug 1991 in Lichterfelde, Foto Huchatz, Pilot Herr Feldhaus

 

Ein lustiger Mensch, der Stimmung in die Runde brachte. Oft konnten wir ihn über unseren Köpfen dabei beobachten, wie er seine in der Nähe gelegene Flugroute so legte, dass er über dem Campingplatz eine Runde fliegen konnte. Damit es für uns eindeutig war, wackelte er beim Überflug mit den Flügeln.

 

 

In Zeiten in denen nicht so viel zu tun war, wurden die Mitarbeiter zum Beispiel am Flughafen Schönefeld beim Gepäckdienst, oder zu der Abfertigung beim Verkehrsflug eingesetzt. Herr Kohlmey erinnert sich an einen Einsatz auf dem Flugplatz Klotzsche in Dresden, der erneuert werden sollte. Es gab Terminschwierigkeiten bei der Eröffnung. Da wurde jede Hand gebraucht.
In der Schorfheide wo die Jagd immer noch einen hohen Stellenwert hatte, wurden auch Düngeeinsätze für den Bewuchs geflogen, da es dort sehr viel Wild gab, das mit Fressbarem versorgt werden musste. Der Start dafür erfolgte im Wald auf einem Wildacker. Über die reichlich im Jagdgebiet angelegten Asphaltstraßen war die Bereitstellung der Düngemittel relativ problemlos möglich. Bei den Einsätzen geschah es, dass vom Flugzeugmotor eine Kerze ausglühte und eine sofortige Landung im Schorfheider Jagdrevier zur Reparatur erforderlich war. Das Flugzeug musste bewacht über Nacht dort abgestellt werden. Der Bewacher berichtete am nächsten Morgen erstaunt darüber, wer ihn über Nacht alles besucht hat. Leute mit den verschiedensten Aussehen (Armeeuniform, mit Polizeimütze und Monturen, ….) Dann wurde die Demontage und der Abtransport des Flugzeugs verlangt, wenn es bis zum Abend nicht repariert wird. Vermutlich stand eine wichtige Jagd an, bei der das Gelände abgesichert sein musste.

 

 

 

 

 

Das war das in der Lichterfelder Halle untergestellte Flugzeug für die Einsätze von Anfang Februar bis Ende September für bis zu 7 Stunden Flug und 70 Starts am Tag. Bei Schnee mussten die Düngeflüge ruhen, da nicht ausgebracht werden durfte. Für jedes Flugzeug gab es einen Mechaniker, der einen großen Aufwand für die Wartung betreiben musste. Diesem Aufwand war es zu verdanken, dass es nie zu einem ernsthaften Zwischenfall kam.

 

 

Einsatz für die Forst zur Düngung der Waldbäume mit einem polnischen Flugzeug

 

Ganz in der Nähe, im Luftfahrtmuseum unserer Gemeinde Schorfheide ist eines dieser Flugzeuge zu besichtigen:

 

 

 

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